Britischer Zentralbanker stellt Markt in Frage

Andrew Haldane ist derzeit Executive Director Financial Stability bei der Bank of England und wird im Juni 2014 deren Chefökonom. Die Neue Zürcher Zeitung (28.4.2014) berichtet:

"Die Finanzkrise habe gezeigt, betont Haldane, dass ungehemmtes Eigeninteresse von Individuen und Unternehmen, Gier und grenzenloser Wettbewerb im Finanzsektor und anderswo der Gesell­schaft geschadet und sie ärmer gemacht hätten. Smiths «unsichtbare Hand» könne sich, wenn sie zu fest gedrückt werde, als unheilvoll und übelwollend erweisen und habe zu den grössten Verlus­ten an Einkommen und Produktion seit den 1930er Jahren beigetragen. Die Finanzkrise habe die latenten Unzulänglichkeiten der modernen ökonomischen Modelle blossgelegt. In extremen Situa­tionen wie Finanzkrisen und Rezessionen, wenn es hart auf hart komme, seien die Erwartungen der Wirtschaftsteilnehmer keineswegs rational, sondern getrieben von der Angst vor dem Unbe­kannten und dem Verhalten der anderen.

Aufgrund der Erfahrungen in der Finanzkrise hält es Haldane für notwendig, einige der grundlegen­den Bausteine der vorherrschenden Ökonomie zu überdenken. Er schlägt vor, zu Adam Smith zu­rückzukehren, aber nicht zu «The Wealth of Nations» (1776), sondern zu einem früheren Werk, «The Theory of Moral Sentiments» (1759), das Kooperation statt Wettbewerb als einen Weg zur Bedürfnisbefriedigung einer Gesellschaft beschreibt. (Hervorhebung M.W.) Auch moderne experimentelle Forschung habe die Bedeutung von Fairness und Gegenseitigkeit in der Willensbildung von sozioökonomi­schen Systemen deutlich gemacht. Während diese Erkenntnisse keine Überraschung für Soziologen und Anthropologen seien, stellten sie die Welt der Ökonomen auf den Kopf."

Der Bericht "Economics, Education and Unlearning" der Post-Crash Economic Society ist hier zu finden.