Avenir Suisse und das Lobbying

«Mit ‹erheblichen finanziellen Mitteln› betreibe die Wirtschaft Lobbying in der Politik, lautet ein gängiges Klischee. Es gibt jedoch starke Indizien dafür, dass die Unternehmen ein Vielfaches ihrer Ressourcen in die Werbung und die direkte Kommunikation mit den Kunden investieren. Entgegen dem Gemeinplatz habe ‹die Wirtschaft› keine Kontrolle über die Politik, schreibt Marco Salvi.» (Newsletter vom 9. Oktober 2020

Es folgt der Beitrag dieses Mitarbeiters von Avenir Suisse mit Feststellungen wie zum Beispiel:

«Den Unternehmen wird vorgeworfen, dass sie systematisch versuchen, den Willen des Volkes auf unlautere Weise zu beeinflussen. Dem Bericht zufolge würden sie ‹erhebliche finanzielle Mittel› bereitstellen, um Einfluss auch auf die direkte Demokratie auszuüben. Es vergeht keine Abstimmung, ohne dass es die Verliererseite versäumt, dieses Klischee zu betonen.»

Vielleicht deuten die Anführungszeichen um die Wendung «erhebliche finanzielle Mittel» auf unterschiedliche Massstäbe hin. Während die Initianten der Konzernverantwortungsinitiative die budgetierten 8 Millionen des Gegner-Komitees als erheblich einschätzen dürften, ist dieser Betrag für diese selber vielleicht nur ein Taschengeld.

Sehen wir einmal von der bei Vernebelungsaktionen häufig verwendeten Argumentationsweise ab «Position A ist zu vernachlässigen, denn für Position B wurde viel mehr ausgegeben». (Für solche Vergleich gibt es immer und überall irreführende Bezugsgrössen.) Sehen wir einmal vom Statement ab, die Wirtschaft habe keine Kontrolle über die Wirtschaft. (Dies behauptet wohl auch niemand, «grosser Einfluss» wäre wohl gravierend genug.

Wie dem auch sei: Wirtschaftsmacht gegen Demokratie – das darf nicht sein und das gibt es deshalb auch nicht. Avenir Suisse ist bemüht, allfällig aufkeimenden Verdacht zu verwedeln. Und die fehlenden Transparenzvorschriften erschweren es, den Gegenbeweis auf Franken und Rappen genau zu führen. So belasse ich es hier bei einer Episode:

Da einer unserer Matura-Klassenkameraden nach absolviertem Regierungsratspensum im Ständerat Einsitz genommen hatte, lag es nahe, sich von ihm einmal durchs Bundeshaus führen zu lassen. Einigen fiel auf, dass sich Klassenkamerad U. im Bundeshaus bewegte, wie wenn er hier zu Hause wäre, er kannte Personal und manche Details, die nicht zum üblichen politischen Wissen zählen. Nach dem Grund seiner Vertrautheit befragt, antwortete U., er sei hier lange ein- und ausgegangen. U. war Mitarbeiter der UBS im Rang eines Direktors …. Wir nehmen an, dass er hier nur ein paar Freundschaften pflegte und keinesfalls Einfluss auf die Demokratie zu nehmen versuchte. Und sollte das trotzdem der Fall gewesen sein, nehmen wir nicht an, dass sein Gehalt bei der UBS unter «politische Einflussnahme» verbucht worden ist. Seit der Iqbal Kahn-Affäre wissen wir ja, dass die UBS heiklen Aufwand nicht unbedingt transparent verbucht.