In den Morast geraten andere
- Details
- Erstellt: Montag, 11. November 2019 17:55
Am 2. November publizierte die NZZ einen Leitartikel ihres Wirtschaftsredaktors Thomas Fuster unter dem Titel «Im Morast der Moral». Der Lead erläutert: «Dürfen Unternehmen primär auf den Gewinn zielen? Und ist es ihnen erlaubt, in autoritären Staaten Geschäfte zu tätigen? Firmen sehen sich zusehends mit moralischer Kritik konfrontiert. Das führt zu Heucheleien auf allen Seiten.»
Thomas Fuster greift in seinem Artikel auf einen schon von früheren NZZ-Redaktoren zitierten, archaisch anmutenden Aufsatz von Milton Friedman zurück: «Dieser hat sich 1970 in einem berühmt gewordenen Aufsatz mit der sozialen Verantwortung von Unternehmen auseinandergesetzt. Darin entbindet der Wirtschaftsnobelpreisträger die Firmen von einer solchen Verantwortung. Seine Begründung: Nur Individuen können Verantwortung tragen, nicht aber legale Konstrukte wie Unternehmen. Zudem arbeiten Manager nicht mit eigenem Geld, sondern mit jenem der Firmeneigentümer, und diese wollen einen Gewinn sehen. Ziel eines Unternehmens muss laut Friedman daher die Maximierung des Gewinns sein. Dies nicht nur aus Respekt vor dem Eigentum, sondern auch deshalb, weil Gewinn messbar ist, soziale Verantwortung aber nicht. Wenn sich Manager dennoch für Soziales einsetzen wollen, dann bitte mit eigenem Geld und in der Freizeit.»
Erstaunlicherweise gab es in den Leserbriefspalten keine einzige Reaktion auf diese fundamentalistischen Ausführungen von Thomas Fuster. So raffte ich mich denn auf, mit einigem Verzug den Kommentar abzugeben, der hier folgt:
«Der «Morast der Moral» liegt zwar jenseits der «Landschaft der Lüge» – zeitlich jedenfalls, und bezogen auf die metaphorisch aufgeladenen NZZ-Leitartikel von Thomas Fuster und Eric Gujer der letzten beiden Samstage. Überraschend ist allerdings, dass in der Woche dazwischen keine Leserreaktionen auf Fusters Artikel publiziert worden sind. Immerhin rückte Thomas Fuster einige Dinge pointiert an den Ort, an den sie – mindestens aus NZZ-Sicht – wohl gehören: Das Management von Unternehmen soll keine anderen Ziele verfolgen, als den Eigentümernutzen zu steigern. Nur dieses Ziel ist messbar. Andere Ziele z.B. im Sinne des Corporate Social Management sind nicht messbar und führen demzufolge in den Morast. Soweit die etwas verkürzte Zusammenfassung. In derselben Ausgabe vom 2.11.2019 dann der Kommentar des Medienredaktors Rainer Stadler zum Fall «Carlos», dessen tragische Negativspirale mit einem Film im Fernsehen SRF und dann erst recht der Stimmungsmache im «Blick» begann. Stadler: «Diesen Film hätte man nicht zeigen sollen». Hat das Management von SRF und Blick also Fehler gemacht? Nein, sie haben Einschaltquoten und Leserzahlen nachhaltig (wirksam noch nach 6 Jahren!) gesteigert, das Beste, was die Eigentümer dieser Medien erwarten dürfen. Das Management ist dem Morast entkommen. Dort gelandet ist «Carlos». Kollateralschaden halt.
Diesen zweiten Abschnitt habe ich als Leserbrief an die NZZ gesandt. Publiziert wurde er nicht. Es scheint, als dürfte man in der NZZ vieles diskutieren, nur Themen nicht, die in die Zuständigkeit mit der Wirtschaftsredaktion gehören.