Beruf und Einkommen

Dieses Thema gehört zum Problemkreis 5 in Teil 2 von "Solidarwirtschaft": Arbeit, Lohn, Ertragsteilung

Mit ihrer Tätigkeit erzielen Wirtschaftsunternehmen einen Ertrag. Der Lohn, den das Unternehmen zahlt, kann man auf zwei Arten ansehen: als Kostenfaktor (so erscheinen die Löhne in der Buchhaltung) oder als Anteil am Ertrag. Man könnte sich durchaus vorstellen, dass alle Beschäftigten monatlich eine Akonto-Zahlung an ihren Ertragsanteil erhalten, dessen definitive Höhe erst nach Abschluss des Geschäftsjahres feststeht. Für die Verteilung des Ertragsanteils braucht es einen Verteilschlüssel. Derzeit ist im Zusammenhang mit der Abzockerinitiative viel von Ertragsverteilung die Rede. Diskutiert wird aber nur, was die oberste Geschäftsleitung und Verwaltungsrat erhalten sollen bzw. wie diese Ausschüttungen festgelegt werden. Eine weitere Volksinitiative möchte, dass der höchste Lohn in einer Unternehmung maximal das Zwölffache des tiefsten Lohns beträgt. Diese Formel ist der Idee Ertragsteilung schon viel näher. (Vor etwa 15 Jahren vertrat ich in einem KMU-Verwaltungsrat mit Erfolg die Auffassung, der Lohn der Geschäftsführerin dürfte nicht mehr als dreimal so hoch wie der tiefste Lohn sein.)


Wenig im Bewusstsein ist bei allen Verteildiskussionen, dass den Berufen meist ganz bestimmte Einkommensspannen zugewiesen sind, die gesellschaftlich (und in der Regel auch innerbetrieblich) kaum in Frage gestellt werden. Bei staatlich Angestellten ist die Bandbreite besonders klein (Gymnasiallehrer, Pflegefachleute, Sozialarbeiter). Sogenannt freie Berufe (Ärzte, Anwälte, Treuhänder, Personalberater, teilweise Notare) legen ihre Stundensätze häufig auf Verbandsebene fest. Damit ist weitgehend festgelegt, welchen Anteil bestimmte Berufsgruppen am gesellschaftlichen Einkommen erzielen dürfen oder müssen. In Übereinkunft mit dem Staat (Berufsbildungsgesetze) ist auch der Zugang zu den Berufen genau geregelt. Fähigkeiten spielen eine kleinere Rolle als Abschlusspapiere. Das führt zu einer grossen Unbeweglichkeit und zu ungerechtfertigtem Fernhalten fähiger und motivierter Menschen (z.B. Ausländern mit nicht anerkannten Berufsabschlüssen, Frauen mit längerer Familienpause) von bestimmten Tätigkeitsfeldern. Dem will man begegnen, indem Berufserfahrungen "validiert" und formalen Abschlüssen gleichgestellt werden. Wie die Presse nun wiederholt berichtet (z.B. NZZ vom 30.1.2013) errichten die Validierungsorgane teilweise so hohe Hürden, dass der Eindruck entsteht, es gehe eher darum, das Kartell der Berufe zu schützen und nicht darum, Zugänge zu öffnen bzw. dringend benötigte Fachkräfte verfügbar zu machen. Solange keine Anerkennung ausgesprochen wird, kann eine gut Qualifizierte Fachperson zu Ansätzen einer Aushilfe eingesetzt werden. Den Geschäfstführer freut's.