Sozial-Leverage

Die Finanzindustrie entlehnte aus der Mechanik einen Begriff, den wir auch im Sozialen anwenden können: Leverage bzw. Hebelwirkung. Im Sozialen entsteht der Leverage-Effekt dadurch, dass je nach „Setting" Kräfte freigesetzt bzw. behindert werden können. Mit Stefan Brotbeck könnte man beim Kräfte-freisetzen auch von „Flügel verleihen" sprechen. (Wer vom Setting behindert wird, den würde man als „flügellahm" bezeichnen.)

Leverage setzt selbstverständlich nicht nur erwünschte Kräfte frei – wie wir seit dem „Zauberlehrling" wissen. Die Marktwirtschaft hat einen riesigen Leverage-Effekt. Sie setzt die Kräfte des Egoismus frei. Das Freisetzen seelischer Kräfte beeinflusst und fördert entsprechende seelische Kräfte. Das ist ein Teil des Leverage-Effektes. Egoismus fördert Egoismus. (Ich will ja am Schluss nicht als Einziger dumm dastehen, nachdem sich alle bedient haben.)

Die Frage ist nun allerdings, ob es andere Leverage-Konzepte gibt. Anders gefragt: gibt es neben Egoismus andere seelische Regungen, die in einem entsprechenden Setting „Flügel verleihen" könnten? Aus der Demokratierforschung ist bekannt, dass die Bürgerzufriedenheit mit dem Grad der Ausgestaltung der demokratischen Mitwirkungsrechte steigt. Eine solche Aussagen gibt Hinweise, ist aber doch viel zu pauschal, um konkrete Situationen zu gestalten. Zielgenauer ist die Studie, die feststellt, dass Waldorflehrer signifikant zufriedener sind, als ihre Kollegen und Kolleginnen an Staatsschulen.

Sinnvollerweise setzt Leverage bei Bedürfnissen bzw. seelischen Regungen. Dazu gehört die Risikoaversion. Viele Risiken können versichert werden. Unternehmerrisiken nur teilweise. Es gibt Beispiele für Risikoteilung zwischen Unternehmen. Das setzt ein anderes Denken voraus und fördert eine neue Kultur.

„Ich bin Waldorflehrer: Einstellungen, Erfahrungen, Diskussionspunkte - Eine Befragungsstudie". Von Dirk Randoll (Herausgeber) Erscheinungsort/-jahr: 2012, Springer VS . ISBN: 3531198106