Mithu Sanyal: Identitti

Identitti«Identität» gehört zu den emotionalsten Begriffen und Themen im gesellschaftlichen Umgang. Vielleicht gerade auch deshalb, weil dem Thema ein Irrtum zugrunde liegt. Man sagt: «Ich bin Schweizer», «Ich bin Banker», «Ich bin ein Mann», «Ich bin Pazifist» – und markiert mit diesen Formulierungen keinerlei Distanz zwischen sich, dem eigenen Ich und dem, wozu man sich zugehörig fühlt, zu den Schweizern, den Bankern, zu den Männern, zu den Pazifisten – und manchmal, zum Beispiel im Fussballstadion, gibt es vielleicht auch gar keine Distanz. «Identitätskämpfe sind Kämpfe um Fiktionen in der Wirklichkeit. Und manchmal sind sie Kämpfe mit ganz realen Opfern» schreibt Mithu Sanyal in ihrem Nachwort. Und ihre Professorin im Roman fordert auf zu fragen: «Wer bin ich? Ich als Individuum?» Nicht die Frage ist massgeblich, welches die ausgeliehenen Identitäten der Gruppenzugehörigkeiten sind, sondern wer ICH bin – jenseits dieser Identitäten.

So tief schürfen die Gedanken in dem Roman, über den Katharina Teutsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung schreibt «Auf jeder Seite kann man mindestens drei mal laut lachen.»

Mithu Sanyal: "Identitti". Roman.
Hanser Verlag, München 2021. 432 S., geb., 22,- [Euro].

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Und zum Abgleich: Die Genderthematik 1893