Kapitalismus und Kirche in den Augen von Gerhard Schwarz
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- Erstellt: Mittwoch, 21. Dezember 2016 10:17
"In christlichen Kirchen wird in Predigten und Fürbitten gerne über die Marktwirtschaft hergezogen, die man in den USA ohne negativen Unterton Kapitalismus nennt." Nach diesen einleitenden Worten versucht Gerhard Schwarz seiner Überzeugung Ausdruck zu geben, weshalb die kirchliche Kritik in keiner Weise gerechtfertigt ist.
Der NZZ-Artikel von Gerhard Schwarz findet sich hier (Link zum Artikel) - und hier mein als Leserbrief gedachter Kommentar:
Man kann Gerhard Schwarz' Verteidigung von Markt und Wirtschaft folgen, wenn man, wie Schwarz, drei notwendige Differenzierungen unterlässt:
KAPITAL: Selbstverständlich muss die Wirtschaft Kapital bilden, um in Entwicklung und Produktion investieren zu können. Dieses hat aber nichts zu tun mit dem Rendite-getriebenen Kapital der Finanzmärkte.
EIGENTUM: Nicht einmal Sozialisten, die den Kapitalismus überwinden wollen, haben etwas gegen das Eigentum an produzierten Gütern. Diese meint auch das zitierte Diebstahl-Gebot des Alten Testaments. Jahwe, der Gott eines Nomadenvolks, hatte mit Sicherheit nicht Grundeigentum im Auge. Denn zu jener Zeit gab es nur Gemeineigentum an Boden. Eigentum und Eigentum sind zweierlei.
WETTBEWERB: Der Begriff des (sinnvollen) Wettbewerbs bildete sich in der gewerblichen und kleinbetrieblichen Wirtschaft des 18. und beginnenden 19. Jahrhunderts. Allmählich führte Wirtschaftsmacht zu immer ungleicheren Spiessen. Das zeigt sich heute z.B. daran, dass die Startups mit den wettbewerbsfähigen Ideen laufend von den trägen und mächtigen Konzernen aufgekauft werden.
Wer notwendige Differenzierungen unterlässt, läuft Gefahr, mit der Verteidigung gutgemeinter Konzepte deren Missbrauch mit zu rechtfertigen. Wirtschaftsmacht ist gar ein Begriff, der im Vokabular von Schwarz gänzlich fehlt. Ein blinder Fleck auch auf der Website von Avenir Suisse. Wer in seiner Argumentation so viele Lücken zeigt, hat einen schweren Stand, wenn er gegen Sozialisten und naive Kirchendiener ins Feld ziehen will.
Bild: Matthias Wiesmann